
Zwischen 1938 und 1941 schrieb Berthold Brecht (auch Bert Brecht, gebürtig Eugen Berthold Friedrich Brecht; * 10. Februar 1898 in Augsburg; † 14. August 1956 in Berlin) das Sonett “Und nun ist Krieg und unser Weg wird schwerer”. Das lyrische Ich und eine Begleiterin befinden sich auf einer durch den Krieg schwerer werdenden Reise, während das lyrische Ich der Begleiterin eine Lebensweisheit offenbart. Brecht schrieb dieses Gedicht wohl seiner damaligen Freundin Helene Weigel, mit der er um 1939 aus Dänemark floh.
1939 begann der zweite Weltkrieg. Brecht war schon Jahre vorher, aufgrund von Repressalien der Nazis nach Dänemark ausgewandert. Doch nun, nach Kriegsbeginn war es auch dort nicht mehr sicher. Er wanderte noch im gleichen Jahr mit seiner damaligen Freundin und späteren Frau Helene Weigel, einer Schauspielerin und studierten Dramaturgin nach Helsinki aus. Eine Analogie des Gedichts auf Brechts Leben drängt sich auf und so werde ich das lyrische Ich im Folgenden auf Brecht und die weibliche Begleiterin, auf seine Freundin und spätere Frau beziehen.
Die erste Zeile, die der Gedichtüberschrift entspricht: „Und nun ist Krieg, und unser Weg wird schwerer“ erläutert die Situation. Die Bezugnahme durch „Du, die mir beigesellt...“ auf eine weibliche Person ist ein Indiz dafür, dass es sich bei der Begleiterin um Brechts Freundin handelt. Die Enumeration der nächsten Zeile verdeutlicht, wie eng seine Freundin und er sich stehen. Die Formulierung stellt zwei mal zwei sich aufeinander reimende Gegensätze gegenüber: „schmalen oder breiten“, „ebnen oder steilen“. Zwei Gegensätze, so wie Mann und Frau, Brecht und Weigel, und dennoch stark verbunden.
Der umschließende Reim des ersten Quartetts schließt die Worte der Verbundenheit in die weltliche Szenerie ein. Zeile eins, „Und nun ist Krieg...“, reimt sich auf Zeile vier, „Belehrte beide wir und beide Lehrer“. Zeile Zwei, „Du, die du mir beigesellt...“, auf die folgende Zeile, „Den schmalen oder breiten...“.
Brecht, der den Begriff des epischen Theaters geprägt hat, einer Kunstform, die den Zuschauer zur Reflektion anregen soll, war schon aufgrund seiner überzeugt marxistischen Einstellung jemand, der sich in der Position sah, die Welt zu belehren, wenn auch nur subliminal. Auch seine Frau war als Schauspielerin und politisch engagierte Frau in der Lage, etwas zu vermitteln. So ist der Satzteil „... und beide Lehrer“ (Zeile 4) zu erklären.
Der erste Vers des zweiten Quartetts führt den vorhergehenden Satz sowohl inhaltlich als auch grammatikalisch weiter. Es handelt sich um ein strophenübergreifendes Enjambement.
Das zweite Quartett folgt dem Reimschema: a-b-a-b. In diesem Kreuzreim
endet der weltliche Teil und geht über in einen romantisch belehrenden.
Der weltliche Teil begann in der ersten Zeile mit der Beschreibung der Ausgangsituation. Er wird über den umschließenden Reim weiter zu Zeile Vier geleitet, in der Weigel und Brecht etwas genauer beschrieben werden und per Enjambement mit Vers Eins des zweiten Quartetts verbunden, in dem beschreiben wird, dass sie sich auf der Flucht befinden. Über den Kreuzreim wird eine Beziehung zu dem Vers, „Mehr als der Weg, so daß, wenn einer fiele“, hergestellt.
Dort findet der weltliche Teil, die Beschreibung der Situation ihr Ende.
Mit „Wisse, was ich weiß...“ (Zeile Sechs) beginnt Brecht den dritten Sinnabschnitt des Gedichts.
Er beinhaltet eine allgemeine Lebensweisheit, die an Konfuzius Satz, „Der Weg ist das Ziel“, erinnert.
„Dieses Ziel ist nicht (neue Zeile) Mehr als der Weg“ und falls Einer den Anderen im Stich lässt, nur um das Ziel zu erreichen, wird das Ziel verschwinden, im Text durch ein Ausrufezeichen hervorgehoben und er sich im Nichts verlieren. Der Eine verloren ohne den Anderen im grauen Nichts –
ein doch recht romantisches Bekenntnis der inneren Verbundenheit [?]. Dieser dritte Sinnabschnitt ist jedoch auch allgemeiner fassbar. Der Leser kann sich direkt angesprochen fühlen.
Dem Anderen bis zum Schluss zur Seite zu stehen. Die eigene Menschlichkeit, ohne die man gänzlich verloren ist im Nichts, zu erhalten, ist wichtiger als alles andere.
Eine Aussage, die sich jedoch auch gegen jegliches utilitaristisch denkendes Militär richtet.
Der letzte Vers des zweiten Quartetts ist wie auch der des ersten durch ein strophenübergreifendes Enjambement mit dem nächsten Abschnitt verbunden. Die zwei Terzette sind über einen Reim der jeweils zweiten Zeile verbunden. Die jeweils erste Zeile reimt sich auf die jeweils letzte.
Der Punkt am Ende des ersten Verses des zweiten Terzetts grenzt den Vers von den zwei folgenden ab. An dieser Stelle ändert sich auch der inhaltliche Gesichtspunkt erneut. Es wird in den letzten Versen wieder Bezug zur realen Situation genommen. Auch die Begleiterin wird erneut angesprochen.
Die zweitletzte Zeile, „Dies dir an diesem Meilenstein zu sagen“, kann auf zwei Weisen gedeutet werden. Es kann einen Bezug auf den bereits auf der Flucht zurückgelegten Weg darstellen, aber auch als Bezug zur geschichtlichen Entwicklung gesehen werden. 1939 war wahrlich ein Meilenstein der Geschichte, wenn auch kein erfreulicher.
Das Gedicht besteht somit, inhaltlich gesehen, aus vier Teilen. Die Darstellung der Situation, die in die Darstellung der Situation eingebettete Bezugnahme auf die Begleiterin, die lehrhafte Geschichte und schließlich die Rückführung in die reale Situation.
Das gesamte Sonett ist eine einzige wörtliche Rede, in der die Abgrenzung einzelner Abschnitte stark über das Reimschema funktioniert.
Nicht nur in diesem Gedicht wird die weibliche Person von Helene Weigel verkörpert. Sie war Bestandteil fast aller Werke Brechts.